Superpaper November

 

Wir schreiben den 21.Oktober 2085

Die Fenster im 36. Stock wechseln langsam das Bild.. Stück für Stück verschwindet das malerische Panorama der peruanischen Anden und die Realität bricht herein.. surrender Stadtverkehr, die Liefer- und Werbedrohnen scheinen sich einen verbitterten Kampf um die Aufmerksamkeit der Anwohner in den jeweiligen Etagen zu liefern – immer angepasst an die verschiedenen Needs, bemessen an der Etagenhöhe. Alles wirkt hektisch und stressig und niemand, der bei klarem Verstand ist, würde da jetzt hinaus wollen.

Sie geht zur Docking-Station für das Food-Delivery-System, öffnet die Schleuse und lässt sich die Box mit dem Essen von der Drohne hineingeben. 

Sie bezahlt via click&pay, verifiziert den Erhalt der Ware mit ihrem Fingerabdruck, gibt die Abholung des dreckigen Geschirrs auf 22 Uhr an und bewertet noch schnell die Lieferung mit 5 von 5 Sternen.

Sie springt freudig mit dem Essen zu ihren Mädels auf die Couch. 

Marry nimmt die Schutzdeckel aus Recycled-Bamboo ab, legt sie beiseite und verteilt auch gleich die Stäbchen. Sie gönnen sich heute mal wieder authentisches Thai-Food: 

Papayasalat mit In Vitro-Shrimps aus der Petrischale und Krupuk, Pad Thai mit indoor farmed Veggies und Beyond-Egg.

In der Zwischenzeit nimmt Samantha den mitgelieferten Holo-Stick aus der Verpackung und steckt ihn neben der Tür in die Schnittstelle zum Interface.

In Sekunden verwandelt sich der gesamte Raum in eine bangkoker Straßenecke mit dazugehöriger Straßenküche. Es herrscht ein lautes, unverständliches Gewusel um sie herum. Lautes Krakeelen kommt aus der Küche, in der ein paar ältere Thai-Muttis stehen, ihren Wok schwenken und immer wieder Gemüse, Gewürze oder verschiedenste Flüssigkeiten zugeben, während sie es immer wieder mit einer Palette durchrühren damit sich die Geschmäcker zu einem einzigartigen Umami-Erlebnis vereinen.

Ab und an haben sie das Gefühl eine der Damen würde sie immer wieder mit ihren ehrlichen, faltigen Augen anlächeln, während kurz ihre wenigen Zähne zum Vorschein kommen – was ihr Lächeln jedoch umso charmanter und authentischer macht.

Es ist ein Kommen und Gehen von Menschen, die sich ihr Abendessen abholen und “Khuber”-Delivery-Drohnen, die bestelltes Essen in die verstecktesten Winkel dieser 14 Millionen Metropole bringen.

Sie haben einen kleinen Plastik-Tisch im Eck erwischt von dem aus sie das wilde Treiben im Blick haben. Dabei fällt ihnen ein junger, gut aussehender, trainierter Thai auf, dem sie ungeniert hinterher schauen können, da er sie ja nicht wahrnehmen kann. Sie schauen ihm immer wieder auf seinen knackigen Hintern und witzeln anrüchig herum – 

“back in my sweet sixteens… “ witzelt Janie.  

Es ist einfach unglaublich unterhaltsam und lebendig.

Ich weiß gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal einen Film zum Essen brauchte, um unterhalten zu werden.

Plötzlich kracht es hinter ihnen und die Frauen drehen sich wie vom Blitz getroffen um.

In der Ecke vor der Tür zum Arbeitszimmer liegt Ken, Samanthas Freund, und schaut sich verwundert im Raum um. Dann schaut er zu den Mädels – und wieder schaut er sich im Raum um. Seinen Augen ist anzusehen, dass er mit der Gesamtsituation gerade etwas überfordert ist. Außerdem ist er sternhagelvoll. Lallender Weise versucht er sich am Türgriff hoch zu ziehen – während er immer wieder den Kopf schüttelt, um entweder zu verstehen, was hier passiert ist oder aber wieder zurück zu finden in seine Realität. Immer wieder rutscht er ab, beim Versuch sich hochzuziehen. 

Allmählich erreicht seine Rumfahne den Tisch der Mädels.

Samantha ist die Aktion sichtlich peinlich und sie versucht ihm aufzuhelfen.

Im Holo-Restaurant der Mädels liegt er, sehr passend wie alle finden, direkt am Bordstein vor einer kleinen Pfütze über die alle hinweg steigen.

Mit Mühe schafft er es sich aufzuraffen und schaut die Mädels verdattert an. 

“Was’n hier l–los?” fragt er. “ … grad noch anna Str—Strannbar…… Ich…. also.. nich’ ihr.” stammelt er weiter.

“Arrrrg – scheiß Holo-Bars…”, sagt Samantha.

“Immer.. [Prrr..].. schmeiß’n die ein raus, wnn’s  schönsn is…’”, sagt Ken während er langsam aber sicher wieder zusammen rutscht und an seinem Platz in der Pfütze einschläft.

“Wir wollten authentische bangkoker Straßen Küche”, sagte Janie mit einem unterdrückten Lachen in der Stimme. “Und was macht bangkoker Straßen authentischer als ein besoffener Europäer, der am Straßenrand pennt?” – Die Mädels lachten laut, aßen weiter und konzentrierten sich wieder auf den knackigen Thai-Hintern..

Nur Samantha war es immer noch etwas unangenehm.

Rezept

“Som Tum”

Zutaten:

  • 10g getrocknete Mok-Garnelen aus der Petrischale
  • ½ unreife grüne Papaya
  • 1 Karotte
  • 3 Schlangenbohnen
  • 1 Knoblauchzehe 
  • 2 Chilis
  • 1 EL brauner Rohrucker
  • 2 Tl Salzwasser aus einem Kapernglas
  • Saft einer halben Limette
  • 2 El Erdnüsse

Zubereitung:

  • Die Papaya schälen, mit einem Löffel entkernen und mit einem Julienne-Schenider in Streifen schneiden (oder mit einem Messer auf die klassische Art und Weise)
  • Im Anschluss ebenfalls die Karotten in Julienne schneiden
  • Die Schlangenbohnen waschen und in 3-4 cm große Stücke schneiden.
  • Mok-Garnelen in lauwarmen Wasser einweichen und nach ca. 10 Minuten abtropfen
  • Den Knoblauch schälen und schneiden und zusammen mit den Chilis fein mörsern.
  • Die Bohnen dazugeben und mit Hilfe des Mörsers etwas stampfen
  • Die Papaya dazugeben und behutsam weiter stampfen.
  • zum Schluss die Karotten dazu geben.
  • Rohrzucker, das Wasser aus den Kapern und den Limettensaft dazu geben
  • und damit alles sorgfältig marinieren
  • Zum Schluss die Erdnüsse grob andrücken und dazu geben

hier geht es zum Pdf der Gesamtausgabe